OSchniKu beim Bio-Bauer
Ganz einfach: Wassertriebe wegschneiden, was runter wächst wegschneiden, was nach innen wächst auch weg. ABER!! Ganz so einfach ist es natürlich nicht, wie uns Andreas Hepp vom Bio-Hof Hepp eindrucksvoll vermitteln konnte. Er macht aus seinen Äpfeln und Birnen leckeren Apfel-Birnen-Saft in bester Bio-Qualität. Als ausgebildeter Baumwart kennt er sich bestens mit seinen Obstbäumen aus und kann dies auch sehr unterhaltsam und bildreich vermitteln. Etwa 20 Besucher haben sich am Samstagnachmittag von seinen Ausführungen inspirieren lassen und vor allem im praktischen Teil viel Hintergrundwissen mit zahlreichen Tipps und Tricks mitgenommen.
Bei einer Urlaubsreise fährt man selten einfach mal los. Zunächst wird das Navi programmiert, das Ziel muss bestimmt werden. Sommer, Sonne, Strand - Wachstum, Blütenbildung, Fruchtansatz. Eigentlich ganz einfach, aber der Weg zum Ziel ist eben die Herausforderung. Ein achtsamer Umgang mit jedem Baum ist wichtig. Aber natürlich muss auch der Ertrag und die Qualität stimmen. Und die Bewirtschaftung muss effizient erfolgen können, der zeitliche und auch körperliche Aufwand muss im Rahmen bleiben. Individuell muss jeder Baum betrachtet werden, nicht einfach drauflos schneiden.
Unser Schulungsbaum ist ein Apfelbaum, ein Sämling, der vom Opa damals direkt neben dem Haus gesät wurde und sich frei und ungeschnitten über ein paar Jahrzehnte entwickeln durfte. In so manchem Privatgarten dürften ähnliche Exemplare stehen. Die Statik bei unserem Baum ist etwas ins Ungleichgewicht geraten nachdem bereits vor ein paar Jahren ein großer Leitast vom Stamm abgebrochen war. Bald wachsen die Blätter, die Blüten und vor allem viele Äpfel. Viel Gewicht, das der Baum dann tragen muss. Es braucht schon etwas Vorstellungskraft um entscheiden zu können, welche Äste entfernt werden müssen damit der Baum nicht völlig aus dem Gleichgewicht gerät und noch mehr Äste abbrechen oder gar der ganze Baum umfällt. Wichtig dabei ist die richtige Schnitttechnik. Bei größeren Ästen immer am Astring schneiden. Das Kambium, die Wachstumsschicht, darf nicht verletzt werden. Daraus entsteht das Kallusgewebe, das eine Wunde des Baumes wieder verschließen kann. Es überwallt dazu die Schnittkante, was bei vielen Wunden an Baumstämmen beobachtet werden kann.
Nachdem die Statik gesichert ist geht es an die Details. Welche Äste müssen weg? Andreas Hepp arbeitet nach der Oeschberg-Methode. Eine lichte Krone soll es danach sein. Im mittleren Teil des Baumes werden die Fruchtäste "erzogen", wo dann die Früchte wachsen und gedeihen. Oben soll man mit dem Schneiden anfangen. Irgendwann schaut man runter und stellt fest, dass schon ganz schön viel Holz geschnitten wurde. In den mittleren und unteren Bereichen des Baumes wird man dann schnell zahmer und so stellt sich die Oeschberg-Krone fast schon von alleine ein. Es muss perspektivisch auf die nächsten Jahre gearbeitet werden, die Fruchtholzrotation wurde uns eindrucksvoll erläutert. Das Verhältnis von Wurzel- und Blattwerk muss stimmen. Wassertriebe sollen eben nicht radikal entfernt werden. Vielmehr soll der Baum noch genügend Möglichkeiten haben, ausreichend Blattwerk zu bilden, nachdem ihm durch die Schnittmaßnahmen einige Äste genommen wurden. Wer alles richtig macht, kann sich an einem gesunden Baum freuen, der reichlich Obst trägt und nur noch alle 5-7 Jahre geschnitten werden muss.
Viel Holz, viel Input, viel gelernt. Die Köpfe waren voll. Dankbar wurde der Apfel-Birnensaft verkostet und noch gesundes Gemüse, Eier oder Nudeln in Bio-Qualität am improvisierten Verkaufsstand mitten im Hof gekauft.
Vielen herzlichen Dank an unseren Referenten Andreas Hepp für seine leidenschaftliche, interessante und unterhaltsame Kursleitung und an die ganze Familie Hepp für die aktive Unterstützung bei der Durchführung und Organisation dieses Kurses. Bei so viel Informationen ist eine Vertiefung oder Auffrischung sicherlich sinnvoll. Der Obst- und Gartenbauverein bietet im März und April noch weitere Obstbaumschnittkurse an. Mitglieder und Gäste sind wieder herzlich willkommen.